Ethische Aspekte der „Reproduktion durch Dritte“

In seinem Artikel bietet Diogo Morais Sarmento Madureira eine ethische und philosophische Analyse der Reproduktion durch Dritte, mit besonderem Fokus auf Samenspenden und die Implikationen von Spenderanonymität. Er hinterfragt die zunehmend vorherrschende westliche Rechts- und Ethikdiskussion, die affektiven Beziehungen gegenüber biologischer Verwandtschaft den Vorrang gibt, oft zusammengefasst im Slogan „All you need is love“. Während solche Narrative darauf abzielen, Familienstrukturen zu legitimieren, die ausschließlich auf sozialen oder intentionalen Bindungen basieren, argumentiert der Autor, dass dieser Ansatz die existenzielle Bedeutung biologischer Herkunft für die Identitätsbildung, persönliche Entwicklung und moralische Grundlegung des Individuums vernachlässigt.

Unter Rückgriff auf philosophische Anthropologie, Rechtstheorie und politische Philosophie betont der Artikel das Konzept der „existentiellen Dichte“ – die Idee, dass biologische Abstammung nicht nur ein genetischer Fakt ist, sondern eine Quelle von Erzählung, Kontinuität und persönlicher Tiefe. Madureira kritisiert die Institutionalisierung und Normalisierung von Samenspenden, insbesondere – aber nicht ausschließlich – von anonymen Samenspenden, die er als eine Form staatlich sanktionierter biografischer Amputation betrachtet. Dies, so argumentiert er, untergräbt das Recht des Kindes, grundlegende Kenntnisse über seine Herkunft zu erlangen – nicht nur aus Neugier, sondern als eine Frage der Würde, Selbstkenntnis und moralischen Gerechtigkeit.

Ein wesentlicher Teil seines Arguments dreht sich um die Idee, dass man, um die volle Bedeutung der eigenen Existenz zu erfassen, zunächst die lebendige Erinnerung seiner Eltern erben muss – denn in deren Geschichten liegt der „point de repère“, von dem aus sich das Selbst wirklich in der Welt verorten kann. Eng verbunden mit diesem Argument ist die Vorstellung, dass die Liebe einer Mutter und eines Vaters nicht vollständig übertragbar ist; denn jenseits der Teilhabe an der unveräußerlichen und unteilbaren Natur der Liebe – die ihrem Wesen nach nicht abstrakt existiert und nur Gestalt annimmt, wenn sie auf ein konkretes Objekt (eine Person) gerichtet ist – ist die Liebe von Mutter und Vater wahrhaft intim und persönlich. Das Fehlen dieser Liebe wird nicht auf die gleiche Weise empfunden wie das Fehlen der Liebe von anderen Menschen, selbst wenn eine Person ihre biologischen Eltern nie kennengelernt hat oder von anderen sehr geliebt wurde. Wie der Autor auf Portugiesisch sagt: „um amor que importa, que não se importa“ (wörtlich: eine Liebe, die wichtig ist, die nicht „importiert“ werden kann).

Eine besonders scharfe Kritik richtet sich gegen gesetzgeberische Entwicklungen, die effektiv das Recht von durch Spenden gezeugten Personen eliminieren, ihre biologischen Eltern zu kennen und von ihnen erzogen zu werden – und das allein aus der Rechtfertigung des Willens der Eltern, abwesend und sogar anonym zu bleiben. Der Autor vertritt die Ansicht, dass solche Gesetze die Schutzfunktion des Rechtssystems vom Kind weg und hin zur reproduktiven Autonomie der Erwachsenen verlagern, wodurch Fortpflanzung als vertragliches, auf Wunsch basierendes Unternehmen und nicht als relationale Verantwortung dargestellt wird. Dadurch wird das „Gesicht des Vaters“ aus der rechtlichen Vorstellungskraft gelöscht und eine Form existenzieller Trennung normalisiert – ein Phänomen, das eher mit dem 19. Jahrhundert assoziiert wird und im 20. Jahrhundert endgültig überwunden wurde.

Madureira betrachtet nicht nur die Familie, die auf der reproduktiven Vereinigung basiert – das Modell, das gemeinhin als natürliche Familie bezeichnet wird – als akzeptabel, sondern fordert die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen, die die relationalen und moralischen Dimensionen der biologischen Elternschaft anerkennen. Sein zentraler Anspruch ist, dass Identität weder selbstständig noch rein konstruiert ist, sondern teilweise durch genealogische Kontinuität entsteht. Der Artikel schließt mit der Forderung nach einer Ethik der Erinnerung und Herkunft und argumentiert, dass die Politik rund um die Spenderzeugung neu ausgerichtet werden muss, um die moralischen und existenziellen Interessen des Kindes zu schützen – Interessen, die beinhalten, unsere Eltern im integralen Sinne des Wortes zu kennen – nicht nur, wer sie sind, sondern wie sie sind.

Dr. Karl-Maria de Molina, Family Valued

Quelle: „All you need is (somebody’s) love – third-party reproduction and the existential density of biological affinity“ (2024) von Diogo Morais Sarmento Madureira, Autor von „Die Familie in der postmodernen Revolution“.

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